November 2020 in Deutschland, der zweite Lockdown des Jahres. Individualsport ist zwar erlaubt, aber wie sollen die Schwimmer ohne Schwimmbad trainieren? Der erste Lockdown hatte schwer eingeschlagen, die Aktiven ihres Elements beraubt. Trotzdem hatten alle gut zusammengehalten, sich mit Challenges, die die Trainer organisierten, fit gehalten. Nach einer langsamen Rückkehr ins Schwimmtraining über den Sommer waren nun alle wieder ungefähr „auf Stand“, mit voller Freude und Ehrgeiz in der Vorbereitung auf die noch anstehenden Meisterschaften. Und nun: Wieder Lockdown. Wieder Schwimmbad geschlossen. Wieder kein Wasser.
Alles auf Anfang. Trainerin Alexandra Janitzki berichtet: „Die Kinder haben Trainingspläne mit Kräftigungübungen für Zuhause bekommen. Zweimal die Woche bietet sie gemeinsames Training über „Zoom“ an, aus dem eigenen Wohnzimmer ins Wohnzimmer der Familien. Es tut gut, sich zu sehen, in Kontakt zu bleiben und eben auf diese Weise ein bisschen gemeinsam Sport zu treiben.“ Außerdem werden für alle Wettkampfgruppen wieder Challenges vom Verein finanziert. Schafft die Gruppe das angesetzte Wochenpensum, gibt es Geld für die Gruppenkasse. Janitzkis Gruppe 5 möchte davon gerne in ein Badeland mit Riesenrutsche oder einen Freizeitpark fahren – wer weiß, wann das möglich sein wird. Aber es erhält die Vorfreude und steigert die Motivation und den Zusammenhalt. Die erste und wichtigste Aufgabe ist immer Laufen, um wenigstens die allgemeine Ausdauer etwas zu erhalten. Fleißig sind die Kleinen unterwegs, haben in der ersten Woche fast 60km gesammelt. Dazu kommen aber auch jede Woche zwei Aufgaben, die einfach Spaß machen sollen. Zuerst galt es, sich selbst beim Kraulschwimmen zu malen und der Mama eine schicke Frisur zu machen. Alles musste dann per Fotobeweis an die Trainerin geschickt werden. In der zweiten Woche sollten aus Laub die Buchstaben „MTV“ gelegt und eine akrobatische Pyramide mit dem Papa gebaut werden.
Ein Bereich, der wie schon im Frühjahr vollkommen runterfällt ist der Breitensport in unserer Schwimmabteilung. Durch die Schließung der Sportstätte Aquantic erreichen wir diese Gruppen zur Zeit überhaupt nicht, sagt Martin Schenk, der als 2. Vorsitzender für den Breitensport zuständig ist. Die Halbschwimmer, die aus den Schwimmkursen kommen, warten auf den Tag, an dem sie wieder ins Wasser können. Der Breitensport als auch das Familienschwimmen stellen eine wichtige Komponente innerhalb der Abteilung dar. Sehr hoher Nachholbedarf sei in den Schwimmkursen vorhanden, die praktisch ab dem Frühjahr nicht in der gewohnten Form angeboten werden konnten. Das Training für die Schwimmabzeichen Bronze, Silber und Gold, das in diesen Vereinsgruppen angeboten wird, könne zur Zeit auch im Schulsport nicht stattfinden. Hier liege eine große Gefahr für die Zukunft, sagt Schenk und denkt dabei an die zunehmende Zahl von Nichtschwimmern.
Über zwei Wochen sind nun geschafft und alle vom Abteilungsvorstand hoffen, dass es bei nur zwei weiteren Wochen ohne den geliebten Chlorgeruch bleibt. Neben der Enttäuschung über die abgesagten Meisterschaften ist da aber auch einfach der Wunsch nach Bewegung. Gerade in diesen Zeiten, wo doch Gesundheit unser höchstes Gut ist, darf kein Vereinssport getrieben werden – irgendwie alles paradox. Es bleibt die Hoffnung, dass der Sport dieses Mal nicht wieder erst vielen anderen Branchen den Vortritt lassen muss, wenn über Lockerungen diskutiert wird. Natürlich ist Sport auch Ort der Begegnung und der Kontakte, aber im Sinne des Sporttreibens war die Geselligkeit in den letzten Monaten bereits stark in den Hintergrund getreten in Dankbarkeit für die Bewegung. Sollte sich die wasserlose Zeit erneut verlängern, werden sich die Defizite schnell potenzieren – sowohl was den reinen Wettkampfsport angeht als auch den Breiten- und Gesundheitssport.
Texte von Alexandra Janitzki, Lennard Ulrich und Martin Schenk